Freitag, 2. Mai 2014

Nobuster verdrängen die Blockbuster

Mit flächigen Aussagen wie 'Alles geht viel schneller kaputt!' oder 'Früher waren die Menschen anders!' treffen wir nichts und fangen alles ein. Sie sind wahr, weil sie nichts auslassen. Und sie sind nutzlos.

Ich wag mich trotzdem in dieses Gebiet vor, mit der Behauptung, dass die Verlage eine neue Buchlandschaft aufgezogen haben.

Wir schauen auf die sanften Hügel der Toskana, auf Bäume wie gegelt, auf Villen angeklebt an die Ränder von Mohnfeldern und Sonnengras. Die Verlage wollen es hugelig und schwindelfrei.

Ich kann mich vertun, sicherlich. Aber wenn ich 2-3 Jahre zurückblicke, dann kommt es mir vor, als seien wir zu dieser Zeit mehr gesprungen als geglitten. Es gab im Monat 1, 2 feste Punkte, herausragende Megaseller, echte Terminsachen, die um 08:00 befreit werden wollten, weil die Gemeinde mit offenen Tabs auf uns wartete.

Der nächste Blockbuster kommt mit Kerstin Gier: Das zweite Buch der Träume Ende Juni auf die Stapeltische. Selbst dieser Titel ist ein nationaler Seller, kein Megaseller. Dazwischen viel Lokalkrimi, Nachwuchsromanzen und Fortsetzungsfantasy. Saisonware. Großmarkt eben. Nichts, was bleibt.

Nebenbei ... die Stapeltische sind belegt von den vermängelten Auslagen der Vorsaison. Hat ja eine gewisse Logik. Kathy Reichs - würde ihr Verlag nur ein neues Cover für den alten Band drucken, wer - ehrlich und geschworen - würde es merken. Vermutlich Kathy Reichs. Und sonst jemand?

Oder nehmen wir den monatlichen Lyx-Termin. Das war früher - selbst 2013 noch - verlagsmäßig ein Event. Und 2014? Die Titel kommen am 02-05-2014 - der bekannte Covermix von Bauchmuskeln, Thriller-Botanik und Schicksalsfrisur überm Kitschtitel. Und kümmert es wen? Lyx Egmont - der große Plagiator geht unter in einer Flut von kleinen Nachahmern. Manchmal geht es gerecht zu in der Poetik ... ;-)

Die Bestseller Liste vom Kindle Store kann in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Jetzt denkt euch mal die Ketten weg, die noch irgendwiewas mit Büchern machen. (Gehört ja mittlerweile nicht viel Phanatasie dazu.) Dann gibt es Paper und Digital nur noch im Versand oder per Download. Paper wird im Preiskampf von Digital zerrieben, keine Frage.

Im Kindle Store sehen wir die Zukunft des Buchhandels!

Um in Toskana Villa zu machen, ein paar Mohnblumen zu pinseln, muss Autorin kein Genie sein. Und wenn Autorin kein Genie sein muss, dann hat sie Konkurrenz - massenhaft! Jede tritt an, um den Massengeschmack zu stürmen. Je mehr lostrampeln, desto flacher wird das Gelände.

Und lasst euch sagen, es gibt Beispiele dafür. Von der Musik will ich mal nicht reden. Schaut euch nur an, was heutzutage die Wände schmückt.

Was früher Tapete war, nennt sich heute Kunst.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Aha, du meinst also die Zukunft sind die Indis von Amazon? Gelangweilte Hausfrauen und Katzenkrimis? Kein Lektorat und immer der gleiche Schrott? Schwüle Träume die höchstens Freud interessiert hätten? Oder ist es dir neu, dass auch die Amazonliste sich leicht faken lässt? Noch leichter als die Spiegelbest.
Gut, dann sind die Leser wohl auf dem selben Niveau wie RTL Seher und Blödleser....da kann man nur hoffen, dass man dieses goldene Zeitalter nicht mehr erleben muss :( Macht in 30 Jahren was ihr wollt. Ich vermute mal bis dann bin ich in der Grube - zum Glück!

Spiegelbest hat gesagt…

@Anonym 2. Mai 2014 17:11

Jeder Autor wird sowieso ein Indie sein, weil es keine Verlage mehr gibt, nur noch Plattformen. Wenn es keine staatliche Kulturförderung der Autoren gibt, dann gehört die Zukunft den Blümchenmalerinnen. Wär schön, wenn die Kindle Liste gefakt wäre. Wär zu schön ...

Und mal zum Zeithorizont: Zumindest in D mit der Buchpreisbindung wird es sehr schnell gehen. Sag mir eine Kette, die nicht gewaltig in Schräglage ist. Die werden doch nur durch ihre Schulden oben gehalten! Die Ketten selbst wären schon lange versenkt worden, wenn nicht die Schulden mit untergehen würden. 30 Jahre? Eher 30 Monate!

Anonym hat gesagt…

Gäbe es nur noch Plattformen können wir auch aufhören unseren Kindern das Lesen beizubringen.

In der Schweiz gibt es keine Buchpreisbindung! Und was ist der Effekt? Bücher kosten in der Schweiz bis zu 30 Prozent mehr als in Deutschland. Kurz gesagt, nicht die Buchpreisbindung ist das Problem. Ohne würden die Probleme erst richtig beginnen.

Die Indihausfrauen verkaufen ja ihre freudschen Biographien für wenige Cents, nur der Inhalt ist entsprechend dem Preis.

Qualität darf ja kosten....nur ist sie nicht mehr auffindbar...

Nucknuck hat gesagt…

In der Schweiz ist (fast) alles teurer als in DE. Das Durchschnittseinkommen ist aber auch (oft) erheblich höher.
Das ist in etwa so, als würde man die Lebenshaltungskosten von der Ukraine (mal etwas Tagesaktuallität reinbringen) und Deutschland vergleichen und oh Wunder, feststellen in Deutschland ist (fast) alles teurer.

:-))

PS:
Die Preisdiskussion ist Blödsinn.
Selbst wenn es legal (fast) alles für fast lau im Internet geben würde, hätten wir immer noch hochpreisige Angebote die von einem Teil der Bevölkerung angenommen werden würden (Stichworte: Geschenke, Prestige, Gruppenzugehörigkeit, Wertigkeit und bewusste Unterstützung).
Wasser in Flaschen wird ja in DE sehr gerne gekauft obwohl erwiesen ist das Leitungswasser genauso gut (manchmal besser) und vieeeeel (*1) billiger ist.

*1
Für verschiede Markenwasser in Flaschen, kann man für dasselbe Geld mehr als eine Badewanne füllen > die Verpackung ist aber schöner/wertiger.